First World Sarcasm

Es ist 23:30 Uhr an einem Dienstagabend in der Prüfungszeit. Ich lasse die letzten 16 Stunden Revue passieren:

 

Bevor ich die Augen öffne ist meine Wahrnehmung geprägt von einem Jazzstandard aus den Zwanzigern, Duke Ellington. 

Die Wiedergabe erfolgt über ein Gerät mit dessen Gegenwert man problemlos ein Afrikanisches Dorf für drei Jahre füttern, vor Malaria, Mineralstoffmangel und Bandwürmern bewahren könnte. Es ist von dieser fancy Marke mit der Frucht aus Kalifornien. Sei’s drum. Mit einem kurzen Tipp auf die viel zu hell leuchtende Displayoberfläche habe ich wieder meine Ruhe. 

 

Um meine Augenlieder etwas zu motivieren lasse ich Wasser durch das Mehl von 5000 km weit gereisten Bohnen laufen. Schmeckt, aber heute ist die Crema nicht ganz gelungen, ärgerlich. Ich blicke noch einmal über die Stadt und schließe mein Dachfenster. 

 

Miss Sunshine - doppelt so alt wie ich und dennoch sechzig mal so leistungsstark - chauffiert mich mit zufriedenem Knattern in Richtung Uni. Freiheit pur - zumindest bis zur nächsten roten Ampel, an der ich unzufrieden das Lichtzeichen meiner Vorstellung erwarte. 

 

In der Mittagspause Quält mich die Frage, wie ich am Besten mein Grundbedürfnis „Nahrungsaufnahme“ befriedige: Ich bevorzuge meist den Stil fremder Kulturen, nur welche ist es heute? mexikanisch, asiatisch, italienisch? Auf jeden Fall Bio und Vegan. 

 

Während sich die Köstlichkeiten den Weg in meinen Verdauungstrakt bahnen, beschwere ich mich bei meinem Freund über die Trockenheit des Wissens, das ich auf einem weiteren, diesmal etwas größeren Gerät oben genannter Lifestyle-Marke notiere. Dazu verwende ich einen Stift dessen Gegenwert - wir wollen ja Abwechslung - diesmal gut dreihundert geretteten Tierleben entspricht. 

 

Zur Kaffeepause wird, wie so oft, philosophiert. Flo, weiß du was ich im Spiegel festgestellt habe? Den Muskel, der evolutionär zum Werfen gedacht ist, habe ich in letzter Zeit überproportional trainiert. Zumindest im Vergleich zu dem, den unsere Vorfahren gebraucht haben um sich eins auf die Nase zu geben. Sieht nicht so schön aus im Freibad… Und es landet für nächste Woche auf meine Prioritätenliste: Mehr Brust trainieren, weniger Triceps.